Arbeitskreis Heimische Orchideen - Sachsen-Anhalt e.V.

Biotoppflege in Sachsen-Anhalt

Orchis purpurea und Anemone sylvestris (Purpur Knabenkraut und Großes Windröschen)

Natürlicherweise wären die Land­schaften Mittel­deutsch­lands von Wäldern dominiert. Artenreiche Offenlandbiotope wie Berg- und Feuchtwiesen oder Halbtrockenrasen verdan­ken ihre Existenz den Jahr­tausende währenden Aktivi­täten des Menschen mittels Feuer, Axt und Weidevieh. In dieser langen Zeitspanne wanderten die Arten des Offenlands meist von Süden her ein oder blieben auf Reliktstandorten wie den Mooren erhalten und konnten von dort diese sog. "Halbkultur-Formationen" besiedeln.

Wahrscheinlich war der Höhe­punkt der Artenvielfalt bereits vor der Mitte des 19. Jahrhunderts überschritten. Als eine wesentliche Ursache ist der übergang von der Allmende zur flurstücksscharfen Bewirtschaftung, getrennt nach Ackerbau, Grünlandbewirtschaftung und forstwirtschaftlicher Bodennutzung im Zuge der Separation ab ca. 1850 anzunehmen. Eine weitere Zäsur für die Artenvielfalt stellte die grund­legende Veränderung der Landwirtschaft in Folge der großindustriellen Anwendung der Ammoniaksynthese zur Herstellung von synthetischen Mineraldünger ab 1913/14 dar. Die Einführung sogenannter "industrie­mäßiger Produktionsmethoden" in der Landwirtschaft Ostdeutschlands ab ca. 1970 führten zur Trennung von Tierzucht und Pflanzenanbau. Massiven Entwässerungsvorhaben in den Niederungsgebieten, die selbst abgelegene Quellgebiete nur selten verschonten, veränderten die Moor- und Feuchtgebiete nachhaltig und irreversibel. Ein kaum zu überbietender Höhepunkt an Naturzerstörung auf landwirtschaftlich ge­nutz­ten Flächen schien zum Ende der 1980er Jahre erreicht. Nach 1990 jedoch vermochte ein bis dahin ungeahntes Effizienzstreben bei der Landnutzung noch artenreiche Flächen entweder aus der (land­wirt­schaft­lichen) Nutzung zu verdrängen oder in sterile Produktions­ein­heiten mit Monokulturen zu überführen.

Aber auch gegenläufige Entwicklungen setzten in Anbetracht des fort­schreitenden Arten- und Biotopverlusts in Form von (gesellschaftlich gewollten und gefördertem) biologischem Landbau oder extensiven Landnutzungsformen ein und haben bis heute einen zunehmenden Flächenumfang.

Eine Sonderform stellt dabei die Biotoppflege auf kleineren Flächen oder das Management größerer Gebiete mit der Zielrichtung Naturschutz dar. Vereinen wie den Arbeitskreisen Heimischer Orchideen kommt dabei eine besondere Rolle zu: Meist unbewirtschaftete Flächen mit be­sonderen Artvorkommen (diese beschränken sich regelmäßig nicht auf Orchideenarten, diese stellen lediglich sog. "Umbrella"-Arten dar) wer­den einer speziell auf die Zielarten ausgerichteten Biotoppflege durch ehrenamtliche Akteure unterzogen.

Die Anfänge dieser Biotoppflege reichen wohl mindestens bis in die 1980er Jahre zurück als erkannt wurde, dass eine Mindestnutzung für den Erhalt von Offenlandlebensräumen erforderlich ist. In Sachsen-Anhalt können die Bestrebungen von Uwe Wegener bei Halberstadt z.B. in den Harslebener Bergen zur Erhaltung von Heiden und Halb­trocken­rasen durch Brand, Mahd und Entbuschung als initiales Beispiel gelten. Auch im Raum Schollene ganz im Nordosten von Sachsen-Anhalt be­mühte sich Armin Wernicke ab 1982 sehr erfolgreich um die Erhaltung von orchideenreichen Feuchtwiesen. Seit dieser Zeit gab es ver­schie­dene weitere regionale Aktivitäten, z.B. bei Thale, im Jerichower Land oder im Burgenlandkreis.

Seit dem Jahr 2000 koordiniert und realisiert der Arbeitskreis Heimische Orchideen Sachsen-Anhalt e.V. die Biotoppflege auf besonders orchideenreichen Flächen landesweit. Es gelang damit in den letzten 20 Jahren einige stark gefährdete und in Sachsen-Anhalt vor dem völligen Verlust stehende Arten wie Herbst-Wendelorchis (Spiranthes spiralis), Sumpf- und Brand-Knabenkraut (Orchis palustris, O. ustulata) zu erhalten und in ihren Beständen zu stabilisieren. Viele andere Flächen weisen inzwischen einen beispielhaften Zustand auf. Auf einigen Flächen konnte die ehrenamtliche Biotoppflege in eine nachhaltige, artangepasste landwirtschaftliche Nutzung überführt wer­den.

In dieser Zeit ist es gelungen, einen Teilnehmerkreis für Pflegeinsätze von über 70 interessierten Personen aufzubauen und ausreichend geeig­nete Technik zu beschaffen. Jährlich wiederkehrende Termine haben schon fast Event-Charakter und erfreuen sich eines großen Zu­spruchs. Genannt seien der gemeinsame Pflege-Einsatz mit dem Natur­park Saale-Unstrut-Triasland im Forst Bibra im September eines jeden Jahres oder unsere Wochenend-Pflege-Camps in Balg­städt jeweils im Juli und August. Kooperationen bestehen u.a. mit der Hochschule An­halt, dem Naturpark Saale-Unstrut-Triasland, dem Gymnasium Laucha und der Naturschutzgruppe Quedlinburg.

Die Biotoppflege macht damit inzwischen eines der wesentlichsten Arbeitsfelder unseres AHO aus. Hierdurch können wir einen praktischen Beitrag zur Erhaltung der Orchideenflora sowie ihrer Lebensräume in Sachsen-Anhalt leisten. Im Jahr 2020 wurden zur Pflege von 35 Einzel­flächen mit einer Gesamtgröße von 8,02 ha 606 Stunden ehrenamtliche Tätigkeit geleistet. 69 Einzelpersonen haben sich beteiligt.

Die Biotopflächen

Schlangenspring Schollene (Altmarkkreis Stendal)

Lausebruch (Jerichower Land)

Neubuchholz (Jerichower Land)

Dunkelforth (Jerichower Land)

Pferdeweide Güsen (Jerichower Land)

Gegenstein und Schierberg (Landkreis Harz)

Schwefeltal Elbingerode (Landkreis Harz)

7-Morgen-Wiese Hakel (Landkreis Harz)

Lindgrund Heteborn (Landkreis Harz)

Alter Hundesportplatz Rieder (Landkreis Harz)

Harslebener Berge (Landkreis Harz)

Weinberg Gnölbzig (Salzlandkreis)

Wippertal bei Drohndorf (Salzlandkreis)

Langer Berg Welbsleben (Landkreis Mansfeld-Südharz)

Rote Welle Sandersleben (Landkreis Mansfeld-Südharz)

Süßer See bei Aseleben (Landkreis Mansfeld-Südharz)

Schießberg bei Sandersleben (Landkreis Mansfeld-Südharz)

Ölgrundteich bei Hettstedt (Landkreis Mansfeld-Südharz)

Arnstein bei Harkerode (Landkreis Mansfeld-Südharz)

Schwedderich bei Sandersleben (Landkreis Mansfeld-Südharz)

Blonsberg Osthang (Saalekreis)

Golfschläger bei Brachwitz (Saalekreis)

Schlossberg bei Brachwitz (Saalekreis)

NSG Tote Täler (Burgenlandkreis)

Lehde Balgstädt (Burgenlandkreis)

NSG Tote Täler und Forst Bibra (Burgenlandkreis)

Borntal bei Laucha (Burgenlandkreis)

Hangwiese unterhalb Plößnitz (Burgenlandkreis)

Hangwiese Forst Bibra (Burgenlandkreis)

Drachenwinkel Laucha (Burgenlandkreis)

Schafbergwiese Forst Bibra (Burgenlandkreis)

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